Kreuzreaktive T-Zellen tragen zum Schutz vor COVID-19-Infektion bei
Deutsches Ärzteblatt vom Mittwoch, 12.1.2022
Kreuzreaktive T-Gedächtniszellen vorheriger Erkältungskrankheiten können vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 schützen. Nicht alle Menschen, die Kontakt zu COVID-19-Patienten hatten, entwickeln eine Infektion.
Um dieses Phänomen besser zu verstehen, analysierten Forscher vom Imperial College London (England) den Immunstatus und die Immunreaktionen zu den frühesten Zeitpunkten nach SARS-CoV-2-Exposition von 52 Personen (ungeimpft und SARS-CoV-2-naiv), die im Haushalt mit jemandem mit PCR-bestätigter SARS-CoV-2-Infektion zusammenlebten und daher dem Pandemievirus ausgesetzt waren.
In dieser Studie (Nature, 2021; DOI: 10.1038/s41467-021-27674-x) führten die Probanden zu Beginn sowie an Tag 4 und 7 PCR-Tests durch, um festzustellen, ob sie eine Infektion entwickelten. Außerdem wurden Blutproben analysiert, die innerhalb von 1 bis 6 Tagen nach Virusexposition entnommen wurden. Die Blutproben wurden unter anderem hinsichtlich spezifischer T-Zellen untersucht, die durch vorherige Erkältungsinfektionen mit anderen Coronavirusstämmen induziert wurden (kreuzreaktive T-Gedächtniszellen).
Die Forscher fanden heraus, dass sich insgesamt 50 % der Teilnehmer trotz Exposition nicht mit SARS-CoV-2 infizierten. In dieser Kohorte wurden signifikant höhere Level an kreuzreaktiven T- Gedächtniszellen festgestellt als im Vergleich zur anderen Hälfte, die sich mit SARS-CoV-2 infizierte.
Diese spezifischen T-Zellen hatten zuvor auf Antigene reagiert, die auf interne Proteine innerhalb eines Coronavirus abzielten und nicht auf ein Spikeprotein auf der Oberfläche des Virus, um vor einer Infektion zu schützen. Das Vorhandensein spezifischer T-Gedächtniszellen zum Zeitpunkt der SARS-CoV-2-Exposition beeinflusst, ob sich jemand infiziert, schlussfolgern die Studienautoren. Die Studienautoren geben jedoch zu bedenken, dass die Studienkohorte relativ klein und 88% der Teilnehmer europäisch-indigener Herkunft war.
Die beste Maßnahme zum Schutz vor COVID-19 sei allerdings nach wie vor ein vollständiger Impfschutz, einschließlich der Auffrischungsdosis, betonte Erstautorin der Studie Rhia Kundu vom Imperial’s National Heart & Lung Institute in London.
Die britischen Forscher sind der Auffassung, dass interne Proteine von SARS-CoV-2-Viren neben den bereits bestehenden und wirksamen spikeproteingerichteten Impfstoffen als neue, universelle Targets für zukünftige Impfstoffe geeignet wären.
Interne Proteine als Impfstofftargets würden auch vor Infektionen mit aktuellen und zukünftigen SARS-CoV-2-Varianten, einschließlich Omikron, schützen. Außerdem wäre ein länger anhaltender Impfschutz zu erwarten, da T-Zell-Reaktionen länger bestehen als Antikörperreaktionen, die innerhalb weniger Monate nach der Impfung schon wieder nachlassen.

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