Gesundheitsministerkonferenz will baldige Anpassung des Infektionsschutzgesetzes
Deutsches Ärzteblatt vom Freitag, 1.7.2022
Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder hat heute den Bund einstimmig aufgerufen, noch vor der Sommerpause ein Infektionsschutzgesetz mit weitgehenden Länderbefugnissen vorzulegen.
„Man muss immer bedenken, das muss noch durch den Bundesrat und wir Länder wollen diesmal einbezogen werden“, betonte Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD).
Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (beide SPD) betonte, die Entwicklung der Pandemie sei nicht planbar. „Aus genau diesem Grund müssen jetzt die Hausaufgaben gemacht werden, um bundesrechtliche Regelungen zu schaffen.“
Die Länder bräuchten rasch Gewissheit über die gesetzlichen Rahmenbedingungen, um lageangepasst auf ein verändertes Infektionsgeschehen im Herbst und Winter reagieren zu können, heißt es im Länderbeschluss. Man brauche „effektive sowie rechtssicher handhabbare Befugnisse“ – auch über Basismaßnahmen wie einer möglichen Maskenpflicht und Abstandsgeboten in Innenräumen hinaus.
Unter anderem wollen die Länder Testpflichten insbesondere für Einrichtungen mit vulnerablen Personen, für infektionsgefährdete Gemeinschaftseinrichtungen und für Schulen oder Kindertageseinrichtungen anordnen können. Zudem benötige man die Befugnis, Einrichtungen und Betreibern vorzugeben, Hygienekonzepte unter Berücksichtigung von Rahmenhygienekonzepten auszuarbeiten.
Sollten wegen einer „ungünstigen Entwicklung“ der Coronapandemie die Basismaßnahmen für den Schutz des Gesundheitssystems nicht ausreichen, müssten die Länder weitere Eindämmungsmaßnahmen ergreifen können, heißt es im Beschlusstext weiter.
Hierzu würden beispielsweise Zugangsbeschränkungen, die Vorlage von Immunitäts- und Testnachweisen und Personenobergrenzen zählen. Diese Befugnisse seien gesetzlich im IfSG „bereits jetzt“ zu regeln.
Das Offenhalten von Bildungseinrichtungen habe oberste Priorität, betonte die GMK. „Für uns ist ganz wichtig, wir wollen keine weiteren Schließungen“, sagte Grimm-Benne. Das gelte sowohl für Schulen und Kitas als auch für Veranstaltungen. „Gleichwohl müssen auch diese Instrumente der Pandemiebekämpfung im Worst-Case-Szenario zur Verfügung stehen“, heißt es in dem Beschluss der GMK.
Die Länder sollten die Befugnis erhalten, diese Maßnahmen dann anordnen zu können, wenn in dem betroffenen Land insgesamt eine Überlastung des Gesundheitssystems eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht, so die Landesminister.
Der Bund werde außerdem gebeten, das bestehende Surveillance-System weiter auszubauen sowie volldigitalisierte Meldewege zu implementieren – so sollen „verlässliche und zeitnahe Daten zur Kapazität, zur Belastung der Krankenhäuser und zum Pandemiegeschehen“ gewonnen werden. Bis zum Herbst solle es zudem volldigitalisierte Meldewege für die Feststellung der Belastung der Krankenhäuser geben.
Die Gesundheitsminister fordern zudem „alle befassten Gremien“ auf, zeitnah Empfehlungen zu weiteren Auffrischungsimpfungen abzugeben. „Nur wenn sichergestellt ist, dass flächendeckend allen Impfwilligen eine Impfung entweder durch die niedergelassene Ärzteschaft oder ergänzend durch Impfzentren oder Impfstellen verabreicht werden kann, wird die Impfkampagne im Herbst erfolgreich sein“, heißt es in dem Beschluss.
In die Vorbereitungen einer neuen Impfkampagne seien Influenza und Pneumokokken für vulnerable, insbesondere ältere Personengruppen einzubeziehen. Zudem müsse die finanzielle Absicherung der Krankenhäuser durch Bundesrettungsschirme erneut in Aussicht gestellt werden – sollte sich die Versorgungslage in den Krankenhäusern wieder zuspitzen.

/picture alliance, Klaus-Dietmar Gabbert