Corona: Zweifel an schneller Lieferung des Vakzins von Johnson & Johnson
Deutsches Ärzteblatt vom 10.03.2021
Kurz vor der Entscheidung über eine europaweite Zulassung des Coronaimpfstoffs von Johnson & Johnson werden Zweifel laut, ob der US-Hersteller die gewünschten Mengen an die Europäische Union (EU) schnell liefern wird.
Das Unternehmen habe bisher nicht bestätigt, dass es unmittelbar nach der Zulassung seines Mittels in der EU auch liefern werde, erklärte der Gesundheitsexperte der Europa-CDU, Peter Liese, heute. Es gebe „sogar Zweifel, dass die zugesagte Liefermenge von 55 Millionen Dosen bis Ende Juni eingehalten“ werden könne.
Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) will morgen über eine Zulassung des Impfstoffs des US-Konzerns entscheiden. Es wäre das vierte Coronavakzin, das in der EU verabreicht werden kann. Die EU-Kommission hatte 200 Millionen Dosen des Mittels vorbestellt, 55 davon sollen noch im zweiten Quartal dieses Jahres geliefert werden. Nach AFP-Informationen wird in der EU aber mit ersten Lieferungen frühestens ab Mitte April gerechnet.
Angesprochen auf mögliche Lieferverzögerungen von Johnson & Johnson räumte EU-Industriekommissar Thierry Breton gestern allgemein Schwierigkeiten beim Hochfahren der Produktion der verschiedenen Hersteller ein. Speziell zu dem US-Unternehmen wollte er sich aber nicht äußern. „Offiziell werde ich nach dem grünen Licht der EMA in Kontakt mit Johnson & Johnson treten.“
Anders als bei den bereits zugelassenen Mitteln von Biontech, Moderna und Astrazeneca reicht eine einzige Dosis Johnson & Johnson für einen umfassenden Schutz aus. Dadurch könnte die Immunisierung der Bevölkerung deutlich beschleunigt werden. Außerdem ist das Vakzin bei normalen Kühlschranktemperaturen lagerbar. Die EU setzt dementsprechend große Hoffnungen auf den Impfstoff.
Die EU-Kommission steht wegen der schleppenden Impfkampagne unter wachsendem Druck. Verantwortlich für die Probleme macht Brüssel unter anderem den britisch-schwedischen Hersteller Astrazeneca, der zugesagte Liefermengen nicht eingehalten, Drittländer wie Großbritannien aber in vollem Umfang weiter beliefert habe. Auch im Fall von Johnson & Johnson gab es bislang keine Berichte über Produktionsengpässe bei Lieferungen für den amerikanischen Heimatmarkt. © afp/aerzteblatt.de

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